Volunteer Experience

Eine Woche Einsatz im Souda Shelter auf Kreta

Seit 1997 bin ich bereits Mitglied bei Tierfreunde Kreta e.V. Die letzten Jahre eher passiv, indem ich meinen monatlichen Mitgliedsbeitrag entrichte und damit einen kleinen Beitrag leiste zur Unterstützung des Souda Shelter auf Kreta.

Von 2003 bis 2006 war ich mehrmals auf Kreta und habe die damalige Leiterin des Tierheims während meines Urlaubs tatkräftig unterstützt. Die Zustände damals waren furchtbar, es waren einfach viel zu viele Tiere, und letztendlich konnte man den Bedürfnissen der armen Kreaturen nicht im geringsten gerecht werden. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich durch meinen Einsatz, meine finanzielle Unterstützung vor Ort und meine gesammelten Hilfsgüter wirklich viel zur Linderung der ganzen Umstände beitragen konnte. Aus diesen und diversen anderen Gründen habe ich mich daraufhin von der aktiven Hilfe zurückgezogen, habe die Arbeit von Tierfreunde Kreta aber weiterhin aus der Ferne verfolgt. Über Facebook habe ich auf einmal von der Arbeit und den täglichen Herausforderungen von „The Souda Shelter Project“ fast täglich lesen können.

Dann gab es einen Wechsel in der Tierheimleitung vor Ort, nachdem die bisherige Leiterin von heute auf morgen „hingeworfen“ hat.

Und nun war da auf einmal Elizabeth Iliakis, die von einem auf den anderen Tag die Verantwortung für die vielen zurückgelassenen Tiere übernommen hat. Eine riesengroße Verantwortung für so viele Tiere, arme geschundene Seelen, die doch auch ein Recht auf eine Zukunft hatten.

Irgendwie bin ich wieder neugierig geworden auf „meinen Verein“, auf die Zustände auf Kreta, im Tierheim, die neue Leitung etc.

Im Mai 2019 habe ich mit dem Gedanken gespielt, doch mal wieder nach Kreta zu fliegen. Gesagt, Gesagt, getan! Ein Flug war schnell gebucht und auch ein Hotel war schnell gefunden (übrigens kann ich dieses kleinen familiengeführtes Hotel wirklich wärmstens empfehlen: Akrotiri Hotel).

Auf der Nachbarschaftsplatform www.nebenan.de habe ich kurz zuvor noch einen Spendenaufruf gestartet. Ich war überwältigt von der Hilfsbereitschaft meiner unmittelbaren Nachbarschaft in München. Es wurden Leinen, Geschirre, Leckerlies, Spielzeug, Futter, Medikamente etc. gespendet. Einige haben extra Sachen gekauft, um sie zu spenden. Damit war mein Koffer mit 23 kg und mein Rucksack mit weiteren 6kg voll beladen mit Hilfsgütern. Meine wenigen Klamotten mussten im Handgepäck Platz finden.

Per Messenger habe ich mich bei Liz angekündigt und ich wurde bereits in den Wochenplan der Arbeiter im Tierheim mit eingeplant. Der Empfang im Tierheim war sehr herzlich. Jamie, einer der drei Helfer hat mich begrüßt und mir nach einem ersten Rundgang im Tierheim erklärt, was zu tun ist. Jeden Tag sind zwei Helfer von 7-14 Uhr im Shelter. Neben der regelmässigen und gewissenhaften Medikamentengabe am Morgen steht erst einmal das säubern jedes einzelnen Geheges an. Kaka einsammeln, jedes Gehege mit Wasserschlauch komplett ausspritzen, Näpfe sauber machen und Wassereimer frisch auffüllen. Harte Arbeit bei Temperaturen, die bereits in den Morgenstunden leicht über 30 Grad klettern können.

Ich möchte unbedingt erwähnen, wie toll das Helferteam vor Ort ist mit Litsa, Nikos und Jamie. Alle drei habe ich sofort ins Herz geschlossen. Sie lieben Tiere über alles, das merkt man sofort. Es ist nicht nur ein Job, es ist eine Herzensangelegenheit den Tieren unter diesen Umständen das bestmögliche zu bieten. Es ist immer Zeit für eine Streicheleinheit und alle Helfer schauen, dass möglichst viele Hunde in den täglichen Freilauf kommen.

Liz als Tierheimleiterin hat darüberhinaus alle Hände voll zu tun. Sie schaut regelmäßig im Tierheim nach dem rechten, kennt jeden Hund und sieht immer, was man noch für die Hunde verbessern kann. Ob es weitere Schattensegel sind, die die Hunde vor der brütenden Sonne schützen, oder ein Spielzeug, was für Abwechslung sorgt, oder ob es den Neuzugängen besser geht….sie hat ein tolles Gespür für die Vierbeiner. Was ich am meisten beeindruckt ist, mit welcher Ruhe sie die ganze Verantwortung trägt und alle Menschen mit großem Respekt behandelt. Sie selbst hat über das ganze organisatorische rund um das Tierheim noch Notfälle zu versorgen, hat selbst Pflegekatzen zuhause und kümmert sich und Tierarztfahrten. Ganz nebenbei muss sie eine Familie mit drei Teenager Kindern und einen Haushalt versorgen. Ihr gilt mein allergrößter Respekt. Sie hat es geschafft in kürzester Zeit aus dem Tierheim einen Platz zu machen, in dem die Tiere endlich einen lebenswerten Platz gefunden haben, von dem aus sie eine gute Chance auf Vermittlung haben.

Kein Vergleich mit den Zuständen vor über 15 Jahren, als ich vor Ort war!

Ich habe während der Woche, die ich im Shelter mitgeholfen habe mit möglichst vielen Hunden gespielt und sie geknuddelt, nachdem ich den Helfern beim saubermachen der Gehege geholfen habe. Habe das mitgebrachte Hundespielzeug und die vielen Leckerlies verteilt. Dies ist, neben einem eigenen Zuhause auf das als Hunde hoffen, was vielen Hunden einfach fehlt. Sie wollen Zuwendung und Beschäftigung. Obwohl alles von Elizabeth und ihren Helfern getan wird, ist es natürlich nicht möglich, allen gerecht zu werden und sich für jeden die Zeit zu nehmen, die es bräuchte.

Mir sind vor allem drei Hunde ganz arg ans Herz gewachsen. Alle drei suchen noch nach einem Zuhause und vielleicht finden sie ja auf diesem Wege ein neues Zuhause.

Da wäre zum einen ERNIE:

Er ist ein CockerMix, ca. 5 Jahre alt und kastriert. Gefunden wurde er Nahe des Flughafens von Chania. Liz hatte vor einem halben Jahr einen Anruf bekommen, sie möge bitte kommen, um einen toten Hund zu holen. Der läge schon drei Tage am Wegesrand. Als sie hinkam, lebte der Hund noch. Der arme Kerl musste mit gebrochener Hüfte und gebrochenem Bein drei Tage bei Hitze am Tag und Kälte in der Nacht ausharren. Ernie wurde sofort medizinisch versorgt und operiert. Er ist zwischenzeitlich wieder gut genesen und ist total verspielt. Er buhlt förmlich um Aufmerksamkeit. Er ist ein lieber Kerl, der sehr unter dem Tierheimalltag leidet, weil er sich so sehr ein eigenes Zuhause und seine eigenen Menschen wünscht. Manchmal läuft er in seinem Gehege einfach stundenlang im Kreis. Er ist einfach nur freundlich und lieb, ein ganz toller Familienhund.

Und dann ist da noch GEORGE:

Ein ca. 2 jähriger schwarz/ weiss gefleckter mittelgroßer Mischling, kastriert, super lieb, verspielt und will einfach nur gefallen. Man kann stundenlang sein Quietschespielzeug im Zwinger werfen und er bringt es jedesmal freudestrahlend zurück und will sich dafür seine Streicheleinheiten abholen. Er legt sich auf den Rücken und geniest einfach die Zuwendung. Er müsste an den Hinterläufen operiert werden, hat sogar eine Spenderin, die das komplett finanziert. Aber dafür braucht er ein Zuhause mit anschliessender Physiotherapie. Im Tierheim ist solche eine OP mit anschliessender Nachbetreuung einfach nicht zu leisten. Er wäre ein wunderbarer Familienhund, er will beschäftigt werden, ist lernbegierig und sehr verspielt.

Und zum Schluss kommt meine absolute Herzenshündin MEERKA:

Meerka sitzt schon seit Welpenalter im Tierheim, sie ist ca. 4 Jahre alt, sterilisiert und sieht aus wie ein kleiner Schäferhundmix, der im Alter von einem halben Jahr aufgehört hat zu wachsen. Sie ist eine sehr ruhige, zurückhaltende und auch etwas ängstliche Hündin, die meist in ihrer Hütte sitzt und alles um sie herum beobachtet. Beim Freigang ist sie eher zurückhaltend, verträglich mit allen Hunden. Aber richtig sicher fühlt sie sich nur in ihrem Gehege und in ihrer Hütte. In der Woche meines Aufenthaltes habe ich täglich ca. 20 Minuten bei ihr verbracht und sie kam recht schnell aus ihrem Gehege und ist um meine Beine gestrichen und schon nach kurzer Zeit konnte ich sie sanft streicheln. Das war also unser tägliches Ritual. Nach dem zweiten Tag ist sie mir nachgelaufen und wollte gefallen und sich natürlich ihre Streicheleinheiten abholen. Ich habe sie sogar bürsten können und sie hat die Zuwendung total genossen. Meerka ist eine ruhige, nicht sehr anspruchsvolle Hündin, die viel Liebe zu geben hat. Aber sie braucht einfach ihre Zeit, um Vertrauen zu gewinnen. Sie braucht ein ruhiges und geduldiges Zuhause, möglichst ländlich und mit kleinem Garten. Auch als Zweithund könnte ich mir Meerka sehr gut vorstellen. Ich hoffe inständig, dass die kleine Maus bald eine Zuhause findet. Sie ist eine ganz liebe Hündin, die einfach immer übersehen wird.

Neben diesen dreien gibt es aber noch viele andere Hunde, alle sehr lieb und sozial. Und alle warten auf ein Zuhause. Vor allem die Langzeitbewohner haben es mir angetan. Aber auch die vielen Welpen und Halbwüchsigen, die darauf warten, adoptiert zu werden.

Ganz nebenbei habe ich am ersten Tag auf der Terrasse meines Hotel drei kleine Katzenbabies mit zwei Katzenmüttern entdeckt. Alle furchtbar dünn, die Kleinen hatten zugeklebte und entzündete Augen und die beiden Katzenmamas augenscheinlich Durchfall. Ich habe nicht lange gezögert und mit der Hotelbesitzerin, eine wirklich super nette Frau gesprochen, dass man schnellstens zum Tierarzt müsse. Und in der Tat, am nächsten Tag ist sie mit den drei Kitten zum Tierarzt gefahren, sie wurden behandelt und haben eine Augensalbe bekommen, sowie eine Wurmkur und wurden von Flöhen befreit. Ich bin dann mit den beiden Katzenmamas zum Tierarzt, beide wurden untersucht, haben Antibiotika bekommen und ein Medikament gegen ihren schlimmen Durchfall. Dann habe ich mit Zustimmung der Hotelbesitzerin auf der Terrasse im hinteren Bereich des Hotels ein paar Handtücher als Schlafplatz eingerichtet, ausserdem ein kleines Katzenklo für die Kleinen und habe ausreichend Futter für die nächsten Wochen gekauft. Jeden Tag habe ich die Medikamente verabreicht und mit der Hotelbesitzerin alles besprochen. Sie hat mir zugesagt, dass sie die beiden Katzenmamas nach dem Abstillen sterilisieren lässt und sich dann um sie kümmert.

Ich kann nur jedem ans Herz legen, im Urlaub in südlichen Ländern streunenden Tieren in Not zu helfen, zum Tierarzt zu fahren und sich zu kümmern. Es ist meist einfacher als man denkt.

Die Katzen am Hotel haben sich schon innerhalb dieser einen Woche deutlich erholt und haben allesamt auch an Gewicht zugelegt.

Irgendwie war meine Mission noch nicht zu Ende und ich habe mich noch auf Kreta entschieden, wieder zu kommen um im Souda Shelter erneut mit zu helfen und um die drei Katzenbabies Anfang September nach Deutschland zu holen, von wo aus sie dann vermittelt werden. Zwischenzeitlich kümmert sich die Hotelbesitzerin um die Impfung und den Mikrochip und natürlich auch, dass sie gut versorgt werden.

Alles in allem war es eine sehr intensive Woche mit vielen Eindrücken und Emotionen. Einige Hunde sind mir einfach sehr ans Herz gewachsen (siehe oben) und es gäbe nichts schöneres, auch für sie bald das passenden Zuhause zu finden. Für alle anderen natürlich auch.

Es gibt so unendlich viel Tierleid und viel zu viele streunende Hunde und Katzen auf Kreta. Das Souda Shelter mit Elizabeth Iliakis und ihren tollen Helfern ist ein Ort, wo zumindest einigen armen Seelen geholfen wird. Und zwar mit viel Enthusiasmus, Tierliebe und hoher Verlässlichkeit. Und das alles unter ständigen Mangelbedingungen, extrem heißen Temperaturen im Sommer und gegen viele Widrigkeiten. Aber die Kapazitäten im Shelter sind begrenzt und die täglichen Anfragen, ob man gefundene Welpen dort abgeben könne, sind oft einfach nicht zu bedienen. Das tut weh, weil man weiß, dass es keinen Plan B für die Kleinen auf der Strasse gibt.

Ich kann jeden nur ermuntern, vor Ort das Tierheim zu besuchen und gerne auch mit zu helfen, für einen Tag, für ein paar Tage oder auch länger. Jeder kann sich nützlich machen und es gibt wirklich viele Hunde, die auf etwas Abwechslung, spielen und knuddeln warten.

Ansonsten freut sich Elizabeth natürlich über jede Spende, gerne auch an den Verein Tierfreunde Kreta, ohne den es das Shelter in der Form so nicht geben würde, weil sie seit Jahren alle Spenden aus Deutschland weitergeben und unterstützen, wo es nur geht.

Für mich war es sicherlich nicht der letzte Einsatz auf Kreta!

Herzliche Grüße aus München,

Ulrike